Bandverletzungen der Hand
Gelenke stellen die bewegliche Verbindung von Knochen dar. Die Gelenke werden von der Gelenkkapsel umschlossen und durch Bänder stabilisiert. Kommt es zu kräftigen Zugbelastungen auf die Gelenke können diese Bänder reißen.
Die Hand besteht aus 27 Knochen, die gelenkig miteinander verbunden sind. Knapp 100 Bänder geben den Gelenken Festigkeit und beschränken die Beweglichkeit.
Je nach Verletzungsmuster können unterschiedliche Bänder reißen. Einige Bänder benötigen keine spezielle chirurgische Behandlung, andere nur eine Ruhigstellung, wieder andere benötigen eine operative Therapie. Einige wenige Bandverletzungen lassen sich nur sehr schwer Therapieren und benötigen eine langwierige Rehabilitation.
Typische Bandverletzungen der Hand sind
- der sogenannte Skidaumen (Riss des Bandes am innenseitigen Daumengrundgelenk)
- die SL-Bandruptur (Bandriss zwischen Kahn- und Mondbein)
- Seitenbandriß an den Langfingermittelgelenken
Kernspintomographische Bilder (MRT) einer SL- Bandverletzung
Die scapho-lunäre Dissoziation oder die Bandverletzung zwischen Kahn- und Mondbein
Ähnlich dem Unfallmechanismus einer distalen Radiusfraktur (Sturz auf das nach handrückenwärts gestreckte Handgelenk) oder z. B. durch die kraftvolle Verdrehung beim "Festfressen" einer Bohrmaschine kommt es durch das ruckartige Auseinanderdrängen der Handwurzelknochen zum Zerreißen des SL-Bandes. Das typische Zeichen dieser Verletzung ist das Auseinanderweichen von Kahn- und Mondbein der Hand im Röntgenbild. Nach dem 1990 verstorbenen englischen Schauspiler und Komiker wird es "terry thomas sign" genannt
Diese Verletzung kann isoliert oder in Kombination mit anderen Verletzungen (auch einem Knochenbruch) vorliegen. Durch die unspezifischen und manchmal auch geringen oder kurzandauernden Beschwerden kann die Diagnose manchmal sehr schwer sein. Gerade bei Vorliegen einer Radiusfraktur ist ja ein Grund für die Beschwerden gefunden und eine "Fahndung" nach weiteren Verletzungen unterbleibt. Auch kann eine SL-Bandruptur vorliegen, aber die Instabilitätszeichen (Auseinanderweichen der Knochen) treten erst nach einem Intervall auf.
Links: klassische ap-Aufnahme:
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Um die Schwierigkeiten komplett zu machen, gibt es Patienten mit beschwerdefreiem beidseitig vergrößertem Abstand zwischen dem Kahn- und Mondbein. So sollte vor einer geplanten Operation immer eine Röntgenaufnahme der Gegenseite erfolgen, um eine angeborene "Hypermobilität" von einer Verletzungsfolge zu unterscheiden.
Ist es zu einer SL-Bandruptur gekommen, ist bei sichtbarer Instabilität eine direkte Bandnaht oder Bandrefixation in den ersten (bis ca 6) Monaten möglich. Gelingt dies sind die Ergebnisse gut.
Bei verzögerter Versorgung nach mehr als 12 Monaten kann, egal mit welchem Verfahren, keine sichere Prognose über das Ergebnis gegeben werden. Zu unterschiedlich sind die Ergebnisse auch in der Literatur.
Operation
Hat sich durch die Diagnostik eine Instabilität des SL-Bandes erwiesen, kann eine Stabilität nur durch die Operation erreicht werden.
Es wird eine direkte Bandrekonstruktion via Naht oder bei Bandausrissen aus dem Knochen (sehr häufig), eine Refixation des Bandes am Knochen durch spezielle im Knochen zu versenkende Anker mit gekoppelten Fäden erreicht.
Um ein sicheres Ausheilen der Nähte/Rekonstruktionen zu erreichen muß am Ende der Operation die Bewegung der Knochen zueinander ausgeschaltet werden. Dies wird durch Drähte erreicht, die für die Dauer von ca 6-8 Wochen verbleiben. Für diese Zeit muß das Handgelenk zwingend immobilisiert (in Gips oder Orthese) werden.
Leider ist ein weiterer kleiner Eingriff erforderlich um diese Drähte nach Ablauf der Heilung zu entfernen.
Im Anschluß an die Drahtentfernnung wird mit der handtherapeutischen Mobilisation begonnen. Bei liegenden Drähten sind nur geringe Bewegungen des Handgelenkes gestattet.
Bis eine fast freie Beweglichkeit erreicht wird kann teilweise mit bis zu 6 Monaten gerechnet werden.
Verzögerte Operation
Wird die Diagnose der Verletzung/Instabilität erst verzögert (mehr als nach 12 Monaten) gestellt, ist eine aufwenigere Kapsel-/Bandplastik erforderlich. Nach mehr als 6 bis 12 Monaten sind meist keine ausreichenden Bandstümpfe mehr vorhanden und die äußeren Kaspelbänder scheinen in Ihrer Funktion schon so sehr geschwächt zu sein, daß es auch zu einer Verdrehung der Handwurzelknochen gekommen ist. Eine alleinige Rekonstruktion der inneren (intrinsischen) Bänder kann somit nicht funktionieren. Es muß zusätzlich eine Stabilisierung über die äußeren (extrinsischen) Bänder erfolgen.
Eine Vielzahl von Operationen sind für diese Situation beschrieben. Wir favorisieren für eine leichte Instabilität und noch ausreichende Bandstümpfe die Rekonstruktion der Bandreste und Sicherung dieser Naht und die Stabilisierung über ein Kapselstreifen, der lokal gewonnen, über Anker (s.o.) an den Knochen fixiert wird.
Bei nicht ausreichenden Bandstümpfen führen wir eine Band-/Kapselrekonstruktion mit einer körpereigene Sehne durch. Dieses komplexe Verfahren verbindet die Rekonstruktion des zerstörten SL-Bandes mit der Stabilisierung des äußeren Bandapparates.
Beiden Verfahren benötigen aber eine deutlich längere Rehabilitation als die frühzeitige Operation und gehen einher mit einer Bewegungseinschränkung, die aber häufig schon vor der OP bestand.
Sind die Handwurzelknochen zueinander verdreht lassen sich aber wieder in die korrekte Position zurückbringen, sind diese Operationen möglich. Lassen sich die Knochen nicht zurückdrehen, sind auch diese Operationen nicht mehr sinnvoll! Leider ist das nicht immer sicher vor dem Engriff vorsauszusagen, sodaß der eigendlichen Operation häufig eine Arthroskopie (in selber Narkose) vorgeschaltet wird.
Behandlung/Operation bei zu später Diagnose, sogenannte "Rettungsoperation"
Sind das Kahnbein und das Mondbein voneinander abgewichen und, oder verdreht und lassen sich nicht mehr reponieren (in die Ursprungsstellung zurückbringen), dann bleiben letztlich nur Behandlungen um die Schmerzen zu lindern.
Bestehen Schmerzen im Handgelenk noch ohne wesentliche Arthrosezeichen emphelen wir die Handgelenksarthroskopie mit Sicherung der Diagnose und der anschließenden Denervierung.
Bestehen Zeichen einer Arthrose, hier meistens zwischen dem Kahnbein und der Speiche, kann bei einer aktivierten Entzündung mit einer RSO (Radio-Synovio-Orthese) über ein in das Gelenk injiziertes radioaktives Medikament mit Zerstören der Entzündungszellen eine Schmerzfreiheit erreicht werden.
Liegt keine Entzündung vor oder hilft die RSO nicht, kann über eine Teilversteifung der ulnaren Handwurzelknochen (=medio-carpale Teilarthrodese oder four corner fusion) oder die vollständige Entfernung der proximalen (=körpernahen) Handwurzelknochen (=proximal row carpektomie) eine Schmerzfreiheit erreicht werden. Welches Verfahren für Sie die richtige Alternative ist, wird in den Gesprächen vor der Operation gemeinsam mit Ihnen ermittelt.
Ist die Arthrose schon weiter vorangeschritten und betrifft auch den Bereich zwischen den Handwurzelknochenreihen und hilft eine Denervierung nicht, so muß über eine vollständige Versteifung des Handgelenkes oder eine Endoprothese nachgedacht werden. Eine Außnahme hierzu bildet das Fortschreiten der Arthrose auf die Mondbeinseite der Speiche. Hier kann in einer sehr komplexen Operation (siehe Zeichnung rechts) die proximale Handwurzelknochenreihe entfernt werden und zusätzlich der zerstörte Knorpel der Mondbeinseite der Speiche mit einem Knorpelknochenblock aus dem entfernten Kahnbein ersetzt werden.
Bestehen keine Schmerzen, sollte man trotz Instabilitätszeichen mit OP-Vorschlägen sehr umsichtig sein. Alle Operationen bedingen eine längere Rehabilitation mit einer längerandauernden Verschlechterung der Beweglichkeit.
Wichtig ist bei allen fortgeschrittenen Befunden die Belastung zu minimieren und ggf. zur Stütze das Handgelenks bei nötigen Belastungen eine Orthese (stabilere Bandage) zu tragen.